Auf Der Suche Nach Dem Kapital — Ein Streifzug Durch Berlin

Ferdinand E., verfasst in einem Café in Erfurt[1], Korrektur gelesen im ICE 1093 der DB :)

Kurzfassung: Wie könnte ein ergebnisoffener Besuch bei einem Freund in der deutschen Hauptstadt aussehen? Wie setzt man sich spontane Aufträge um angenehme Abenteuer zu erleben? Heute kannst du in einem Gastbeitrag meines Freundes Ferdinand darüber und über Weiteres lesen.

Ein Einblick in die Erfurter Schreibstube eines berliner Kapitaljägers

Ich habe wieder einmal die Freude euch einen Gastbeitrag eines Freundes zu präsentieren. Abgesehen von der Format-Aufbereitung und des Textes in den hervorgehobenen Bereichen (wie dieser hier) ist der Text von heute von Ferdinand E.

Ich freue mich jedes Mal, wenn ich von Freund*innen Gastbeiträge präsentieren darf. Wie jedes Mal bin ich begeistert, wie sich auch der Beitrag heute auf besondere Art anders ließt, als meine eigenen Posts.

Danke Fredinand, ich freue mich auf deinen nächsten Besuch!

Alles begann als ich eines Tages beschloss meinen Freund J. in Berlin zu besuchen. Diesen habe ich vor Jahren während meines Auslandssemesters in der Schweiz kennengelernt, woraus sich eine wunderbare Freundschaft entwickelt hat. Am zweiten Tage nach meiner Ankunft musste J. noch bis zum Nachmittag arbeiten, sodass ich loszog und mich durch die Weiten von Berlin treiben ließ.

Dies ist die Geschichte dieses Abenteuers: Noch gemeinsam zogen wir morgens los um mit der S-Bahn von Spandau in die Stadtmitte Berlins zu fahren. Am Bahnhof Zoologischer Garten verließ mich J. und ich war von da an auf mich alleine gestellt. Völlig planlos blieb ich zunächst in der S-Bahn sitzen und fuhr in Richtung Friedrichstraße. Dort entschied ich mich spontan auszusteigen. Nach einer kurzen, etwas orientierungslosen Runde beschloß ich in das nahe gelegene Kulturkaufhaus Dussmann zu schlendern. Es stellte sich heraus, dass dies ein sich auf vier Stockwerke erstreckender Buchladen ist, sodass mein Aufenthalt dort deutlich länger als ursprünglich erwartet ausfiel. Knapp eine Stunde und ein gekauftes Buch später verließ ich besagtes Kaufhaus und implizit stand fest, dass der Tag unter dem Motto Bücher stehen würde. Nach kurzer Internetrecherche wurde ich auf ein Buchcafé[1] in Berlin Steglitz aufmerksam und die Entscheidung war schnell getroffen, dorthin mit der nächsten S-Bahn zu fahren. In Steglitz angekommen, fand ich nach wenigen Minuten das gesuchte Café und mir bot sich der Anblick eines sehr liebevoll und gemütlich eingerichteten Ladens. Mehrere Räume mit bis an die Decke gefüllten Regalen voll gut sortierter Bücher luden sofort zum Stöbern ein. Nach einiger Zeit wurde ich im zweiten Raum das erste Mal fündig: ein Mathematik Fachbuch älteren Semesters, das aber durchaus noch gut für mich zu gebrauchen ist. Ich entschloss mich eine Pause mit einem Kaffee einzulegen, da noch weitere Räume vor mir lagen. Während dieser koffeinhaltigen Unterbrechung entstand ein sehr gutes Gespräch mit der Angestellten des Ladens, mit der ich mich über verschiedenste Themen austauschen konnte. Es stellte sich am Ende sogar heraus, dass sie gebürtig aus diesem Stadtteil war. Nun war es aber Zeit für die restlichen Räume und ich setzte mein Gestöber fort. Nach einigen Momenten fand ich das bereits im Titel erwähnte Werk vor: DAS KAPITAL von Karl Marx. Dieses stand schon länger auf meiner Liste an Büchern die ich früher oder später einmal lesen wollte. Ob das jemals passieren wird, wird sich zeigen! Soweit so gut. Leider stellte sich heraus, dass nur die letzten beiden von insgesamt drei Bänden vorrätig waren und sich der erste auch nach längerer Suche in benachbarten Regalen nicht auffinden ließ. Zunächst unschlüssig, ob ich denn eine unvollständige Ausgabe kaufen möchte entschied ich mich am Ende dennoch dazu. Abschließend fragte ich die Angestellte noch nach Ideen, in welchen Läden sich denn der erste Band auftreiben lasse. Damit begann sie, die Suche nach dem Kapital in Berlin.

Ich startete meine Mission im größten Antiquariat in Berlin, welches zufällig direkt um die Ecke war. Sofort nach Betreten erschlug mich eine ganze Lagerhalle gefüllt mit Bananenkisten und Regalmetern voller Büchern. Um eine grobe Vorstellung über die Dimension zu erhalten sei nur gesagt, dass alleine die Gänge mit Literatur von A bis Z sich über mehrere hundert Meter erstreckten. Wahrlich überwältigend wenn auch erschlagend. Ich musste mich dort erstmal zurecht finden und orientieren. Nach einiger Zeit kam die ernüchternde Feststellung, dass ebenfalls nur die beiden letzten Bände vorrätig waren. Ich hatte kein Glück und zog weiter. In der S-Bahn zurück in die Stadt fiel mir ein Internet Beitrag über ein rotes Antiquariat ins Auge, einem Buchladen, welcher sich auf “linke Literatur im weiteren Sinn” spezialisiert hatte. Ich dachte mir sofort, dass es mir hier ein Leichtes sein sollte den ersten Band aufzutreiben! Dort angelangt, bot sich mir die nächste Enttäuschung, denn der Laden war aufgrund eines Krankheitsfalls gerade heute geschlossen, schade!

Es stellte sich mir nun die Frage, ob ich die Suche aufgeben und stattdessen vieleicht doch ins Technische Museum gehen sollte. Aufgrund mangelnder Entscheidungsfreudigkeit entschloss, ich mich zunächst für ein Mittagessen, dass ich in einer nahegelegenen gemütlichen Kneipe[2] einnahm. Nach kurzer Zeit stand für mich fest, dass Aufgeben nicht in Frage kommt und ich suchte auf der Karte nach einem weiteren Antiquariat in der Hoffnung dort endlich das Kapital zu finden. Ein solches war schnell gefunden und ich machte mich auf dem Weg in ein neues, mir noch unbekanntes Stadtviertel. Dort angekommen, fand ich wiederum ein sehr kleines Antiquariat mit noch höheren Regalen als im ersten vor, aber leider auch dort kein Kapital. Beim Verlassen des Geschäfts erreichte mich der Anruf von J. und die Suche war für diesen Tag beendet, da wir uns gemeinsam in der Stadt trafen. Wir ließen den Abend, vielelicht nicht ganz im Sinne von Marx, im KaDeWe ausklingen.

Ist dies bereits das vorzeitige enttäuschende Ende? Selbstverständlich nicht. Als leidenschaftlicher Bücherfan, entging mir natürlich nicht der allwöchentlich stattfindende Büchermarkt vor dem Bode Museum[3], welcher zufällig am nächsten Tag stattfand. In der Hoffnung, hier fündig zu werden, zog ich am nächsten Mog wiederum los. Dort angekommen stöberte ich mich bei bewölktem Wetter durch die vorhandenenen Verkaufsstände. Am letzten Stand angekommen, schwand allmählich die Hoffnung auf Erfolg. Plötzlich lag er dann vor mir, ein einsamer erster Band, welcher in irgendeiner unsortierten Kiste zwischen verschiedenen Romanen lag. Ich schnappte mir das Exemplar und kaufte es sofort. Was für ein Glück! Nach diesem unerwarteten Fund verabredete ich mich wiederum mit J. und wir verbrachten einen sehr ruhigen und erholsamen Nachmittag am Holzmarkt, einem alternativem Projekt am Ufer der Spree. Dies war die Suche nach dem Kapital, die am Ende doch erfolgreich verlief.

 

Ich beende meinen Gastbeitrag für diesen Blog mit einer Annekdote aus obigem Café: Nachdem eine Person einen entkoffeinierten laktosefreien Milchkaffee bestellte, wurde dies von der Frau an der Kaffeemaschine mit einem “Ein Hauch von nichts also” quittiert. In diesem Sinne wünsche ich viel Vergnügen beim lesen!

 

[1]     Cafe Morgenstern, https://www.morgenstern-berlin.de/

[2]     Restaurant Zwiebelfisch, http://www.zwiebelfisch-berlin.de/

[3]     Büchermarkt am Bode-Museum, https://www.antikbuchmarkt.de/

Danke fürs Lesen <3 Bleib’ hübsch

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