Die entsetzte Generation — Polemisieren und Nicht-Nachdenken

Kurzfassung: Es geht bei den Debatten um die Aktionen von “Letzte Generation” sehr häufig nicht wirklich um die Aktivist*innen der Gruppierung oder den Klimawandel. Es geht häufig darum wie es denjenigen geht, welche mit “Letzte Generation” konfrontiert werden. Das hat einen Grund wobei sich die Entrüsteten an die eigene Nase fassen dürfen.

Meine Meinung: Die Aktivist*innen der Gruppierung “Letzte Generation” sind mit ihren Aktionen weder sonderlich schädlich, noch verfehlen ihre Aktionen ihren Zweck.

Wenn man einen Stau erzeugen und Flughafen behindern als Terrorismus bezeichnet, wenn ein bayrischer Ministerpräsident sich freut endlich sein halbcleveres Wortspiel von “Kleben und Kleben lassen” rauszuholen, und immer wieder gesagt wird “Solcherlei Aktionen gehen am Ziel vorbei und behindern das wirkliche Vorwärtskommen”, dann geht es nicht wirklich um “Die letzte Generation”. Es geht darum denjenigen Leuten zu entsprechen, welche nicht wirklich nachdenken wollten. Ich werde diese Leute (etwas polemisch) “Die entsetzte Generation” nennen. Und solange es um sie geht, geht es nicht nur nicht um die Aktivist*innen von “Letzte Generation” und - praktischerweise - auch nicht um Klimaschutz. Denn das Thema Klimaschutz ist einer der Hauptgründe für die diffarmierenden Reaktionen mancher Gruppen wenn es um die Aktionen der letzten Generation geht.

Es gibt im großen zwei Typen in der entsetzten Generation der Nicht-Nachdenken-Wollenden. Typ 1, welcher den Widerspruch zwischen den eigenen Einstellungen und Handlungen gegenüber den Ergebnissen und Implikationen der Klimaforschung dadurch zu lösen will, dass die Klimaforschung passiv und aktiv ausblendet wird. Und Typ 2, welcher den aktiven Ausblendungsbemühungen von Typ 1 zum Opfer fällt, obwohl Typ 2 nicht die Ergebnisse und Implikationen der Klimaforschung per se ablehnt.

Ein Mensch, der vielleicht doch so gern von der entsetzten Generation gewählt werden will, dass er sich bei der Polemik nicht so ärgert wenn “Typ 1er” aktiv werden. (Der Blick nach rechts ist rein zufällig)

Aber irgendwo ist es einfach eine leichte Lösung für ein neu an uns herangetragenes Problem, wenn wir uns einfach schell einigen, dass die “Verursachenden” dieses neuen Ärgernisses einfach Schuld sind, und “wir” nichts falsch machen. Zack fertig. Wenn dann leicht verständliche Narrative bereitstehen und auch noch Sprecher*innen der Institutionen (hier sei mal die Politik als Institution verstanden), dann spart sich das menschliche Gehirn nur zu gern das Weiter-Nachdenken. Aber - bekanntes Problem - wenn politische Sprecher*innen nicht das Rückgrat haben zu verstehen, zu erklären, und zu vermitteln, sondern nur auf schnellen polemischen Stimmenfang aussind, dann sabotiert sich Demokratie selbst.

Ich gebe zu, es ging mir selbst zunächst genauso wie Vielen des Typ 2 der entsetzten Generation. Die Aktivist*innen beschädigen Kunstwerke? Sie verhindern erste Hilfe und Leute sterben dadurch? Sie verschmutzen die Spree? Was sind das für Wahnsinnige? Das geht ja garnicht. Was hat das denn mit Klimaschutz zu tun?

Nur sind die einzigartigen Kunstwerke geschützt und versichert, und bieten durchaus eine gute Parallele zu einer einzigartige Lebensumwelt, welche es zu schützen gilt. DIe Rettungswägen kommen wegen der nichtgebildeten Rettungsgasse der Autofahrer*innen nicht durch, wobei der heraufbeschworene Law-and-Order-Staat dann aber schnell auf Protest der entsetzten Generation stößt, wenn dort konsequent der existierende Bußgeldkatalog angewant wird. Und die Farbe im Berliner Fluss war ökologisch unbedenklich. Bei allen diesen Aktionen wird außerdem sehr zuverlässig eines erreicht: Aufmerksamkeit. Man redet über Klimaschutz und sieht sich mit der Thematik wieder konfrontiert.

Der Klimawandel geht halt immernoch weiter. Eine Wahl haben wir da nicht wirklich. Und wie bittesehr soll man denn sonst darauf aufmerksam machen? Merken wir selbst, oder?

Danke fürs Lesen. Bleibt hübsch <3

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